Künstliche Intelligenz beschäftigt die Gesellschaft. Das ist keine Neuigkeit, sondern zeigt sich in den verschiedensten Bereichen des Alltags. Beispielsweise auch durch die wachsende Zahl von Ausstellungen über und mit KI. Für unsere Mini-Serie KI im Museum haben wir zwei Ausstellungen im näheren Umkreis besucht.
Für den zweiten Teil der Serie geht es ins Stadtmuseum nach Tübingen. Vom 11. Februar 2023 bis 21. Januar 2024 ist dort die Ausstellung „Cyber and the City – Künstliche Intelligenz bewegt Tübingen“ zu sehen.
Idee, Ziel und Hintergrund der Ausstellung
Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Universität Tübingen mit dem Stadtmuseum Tübingen. Entwickelt wurde sie über drei Semester hinweg von zwölf Studierenden der Empirischen Kulturwissenschaft, sowie von 20 Studierenden des Masterstudiengangs Maschinelles Lernen, gemeinsam mit Professor:innen beider Fächer.
Hintergrund des Projekts ist der in Tübingen stattfindende Strukturwandel hin zu einem führenden Standort für Künstliche Intelligenz, wie ihn die Gründung des Cyber Valley im Jahr 2016 losgetreten hat. Daraus ergaben sich weitreichende Konsequenzen für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in und um Tübingen herum, die wiederum große Debatten zwischen Vertreter:innen verschiedenster Positionen angestoßen haben. Die Cyber and the City Ausstellung möchte in diesen Debatten Klarheit schaffen, indem sie sich mit vier grundlegenden Fragen beschäftigt:
- Was ist Künstliche Intelligenz und wie sie funktioniert?
- Was haben Forschende und Kritiker:innen von KI zu sagen?
- Wie und mit welchem Ziel wird speziell in Tübingen geforscht?
- Und wie verändert sich dadurch die Stadt und wie laufen die Diskussionen dazu ab?
Ziel der Ausstellung ist es einerseits aufzuklären und zu informieren, was sich hinter dem Begriff der Künstlichen Intelligenz verbirgt und Raum für Diskussion und kritische Auseinandersetzung zu geben.
Aufbau
Die Ausstellung ist in vier Teile untergliedert, die jeweils Antworten auf die vier zugrundeliegenden Fragen geben. Zunächst werden die Hintergründe und Ziele der Ausstellung aufgegriffen und erläutert, welchen Einfluss Künstliche Intelligenz auf die Zukunft haben wird. In einem nächsten Raum finden sich verschiedene Menschen aus Forschung, Politik und Gesellschaft, die ihre Sichtweise – positiv oder kritisch – auf KI innerhalb kurzer Interviews schildern, welche nach und nach ablaufen.
Der zweite Teil widmet sich ganz der Technik hinter KI und ist darauf ausgelegt, Lai:innen die Funktionsweisen, Grenzen und Möglichkeiten der Technologie verständlich und anschaulich zu erklären. Dafür haben die Kurator:innen sechs Ausstellungsstücke kreiert, die je eine Funktionsweise von KI (erfinden, rechnen, sortieren, ein- und ausschließen, erkennen und lernen) interaktiv näher bringen.
In einem dritten Teil werden verschiedene Orte und Institutionen in Tübingen vorgestellt, die sich mit KI beschäftigen oder damit assoziiert sind. Dazu gehören etwa das Cyber Valley, das RHET AI Center, der KI-Makerspace, das Tübingen AI Center oder die Universität Tübingen.
Der finale Abschnitt der Ausstellung nimmt die Diskussionen in den Blick, welche rund um KI und deren Auswirkungen auf Tübingen geführt wurden und werden.
Ergänzt werden die vier Ausstellungsteile durch die Kunstinstallation HumanO[i]de I Ode ans Menschsein der Photokünstlerin Sabine Bloch.
Die Perspektive auf KI
Besucher:innen erleben KI in der Ausstellung auf zweierlei Arten. Einerseits anschaulich und erklärend in ihren Funktionen, Grenzen und Möglichkeiten und andererseits im Rückbezug auf Tübingen und die Veränderungen, die sie für die Stadt und die Menschen vor Ort bringen wird.
Die sechs ausgestellten Funktionsweisen von KI können die Besucher:innen durch interaktive Exponate nachvollziehen. Die Fähigkeit zu Lernen wird etwa durch einen Streichholzschachtel-Computer simuliert. Dieser enthält in den einzelnen Schachteln Plättchen, die Spielzüge des Spiels Tic Tac Toe darstellen. Über ein Touchpad können die Besucher:innen nun gegen den Computer antreten, der mit jedem Spiel dazulernt und zusehends die Spielzüge auswählt, die ihn unbesiegbar machen. Entwickelt wurde dieses Ausstellungstück von Amelie Schäfer und Rosina Baumann. Sie haben auch einen Streichholzschachtel-Computer- Bausatzt entwickelt, welches zuhause nachgebaut und die Lernkurve des Computers beobachtet werden kann.
Die interaktive Karte: KI-Orte in Tübingen zeigt den Besucher:innen wiederum auf, wo und wie vielfältig KI in Tübingen bereits verbreitet ist, also an welchen Stellen und auf welche Weisen daran geforscht oder damit gearbeitet wird.
Verschieden Ausstellungsstücke, wie Flugblätter, Banner, Protestplakate etc. greifen den Protest gegen das Cyber Valley auf und führen die Punkte der Kritiker:innen den Besucher:innen vor Augen, sodass sie eingeladen sind, sich auf der Basis der erworbenen Informationen selbst ein umfassenderes Bild von KI zu machen und mit in den Diskurs einzutreten.
Wissenschaftskommunikative Sichtweise
Aus wissenschaftskommunikativer Perspektive ist die Ausstellung ein gelungenes Beispiel für niedrigschwellige, anschauliche und differenzierte Informationen rund um das Thema KI. Die Ausstellung setzt sich das Ziel zu informieren und Hintergründe zu erläutern, sodass die Besucher:innen sich am Ende ihres Besuchs ein eigenes Bild zum KI-bedingten Strukturwandel in Tübingen machen können.
Dafür holt die Ausstellung die Besucher:innen von Beginn ab, indem sie Grundbegriffe und Hintergründe verständlich und anschaulich erklärt. Besonders gelungen ist hier der zweite Block der Ausstellung zur Technik hinter der KI. Die Technologien werden anschaulich und interaktiv erklärt, ohne dabei auf abgegriffene Darstellungen zurückgreifen zu müssen. Die Barrieren sind niedrig, sowohl Kinder als auch Erwachsene können nachvollziehen, was durch die einzelnen Exponate erläutert werden soll.
Diese Niederschwelligkeit hat natürlich den Nachteil, dass die Informationen auf einem basalen Niveau verbleiben und nicht tiefergehend in das Thema hereingeführt wird. Dadurch bleiben Aspekte von KI unbeleuchtet, welche für ein vollständigeres Verständnis der Technologie notwendig wären. Die ist aber auch nicht das Ziel der Ausstellung, sondern grundsätzlich zu informieren und damit die "Black Box KI" etwas aufzubrechen, was durchaus gelungen ist.