KI im Museum: #DeutschlandDigital – Haus der Geschichte Bonn

Künst­li­che Intel­li­genz beschäf­tigt die Gesell­schaft. Das ist kei­ne Neu­ig­keit, son­dern zeigt sich in den ver­schie­dens­ten Berei­chen des All­tags. Bei­spiels­wei­se auch durch die wach­sen­de Zahl von Aus­stel­lun­gen über und mit KI. Für unse­re Mini-Serie KI im Muse­um besu­chen wir Aus­stel­lun­gen im nähe­ren Umkreis. Dies­mal waren wir im Haus der Geschich­te in Bonn, wo vom 24. März 2023 bis 07. April 2024 die Aus­stel­lung "#Deutsch­land­Di­gi­tal" zu sehen war.

Idee, Ziel und Hintergrund der Ausstellung

Das Haus der Geschich­te in Bonn – spe­zia­li­siert auf die deut­sche Geschich­te vom Ende des Zwei­ten Welt­kriegs bis in die Gegen­wart und eines der vier Muse­en, die zur Stif­tung Haus der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land gehö­ren – bil­de­te in der besag­ten Son­der­aus­stel­lung eine Rei­se durch den Digi­ta­li­sie­rungs­pro­zess in Deutsch­land ab. Bei­spiel­haf­te Expo­na­te ver­an­schau­lich­ten und ver­mit­tel­ten Aspek­te der Digi­ta­li­sie­rung in Deutsch­land aus drei Berei­chen: Wirt­schaft und Arbeit, All­tag und Pri­vat­le­ben sowie Poli­tik und Gesell­schaft. The­men wie Gam­ing, Dating und Ero­tik wur­den behan­delt, eben­so wie Smar­tho­mes, digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­on und sich wan­deln­de Berufs­bil­der aber auch Daten­samm­lung, der "glä­ser­ne Bür­ger" oder Digi­tal Detox. Neben Füh­run­gen und soge­nann­ten Beglei­tun­gen – dia­log­ori­en­tier­te Rund­gän­ge durch die Aus­stel­lung – bot das Muse­um auch einen Open Space an, wo es an meh­re­ren Ter­mi­nen "zum Dis­ku­tie­ren, Aus­pro­bie­ren und Mit­ma­chen"[1] ein­lud. Hohen Kurio­si­täts­fak­tor besaß dabei der Segens­ro­bo­ter "BlessU‑2", von dem man sich an aus­ge­wähl­ten Ter­mi­nen einen Segens­spruch abho­len kann.

Anhand der exem­pla­risch her­aus­ge­grif­fe­nen Digi­ta­li­sie­rungs­aspek­te soll­te das "viel­schich­ti­ge The­ma und sei­ne kom­ple­xe Dyna­mik […] anhand von All­tags­er­fah­run­gen deut­lich wer­den."[2] Das selbst­ge­steck­te Ziel lau­te­te dabei, "die Ambi­va­lenz von Chan­cen und Risi­ken bes­ser erken­nen und beur­tei­len zu kön­nen".[3]

Aufbau

Obwohl es in die­ser Son­der­aus­stel­lung nicht vor­ran­gig um Künst­li­che Intel­li­genz ging, wur­de dem The­ma KI bereits im Anfangs­be­reich ein Raum gewid­met. Hier fand eine direk­te Gegen­über­stel­lung von den Anfän­gen der Com­pu­ter­ä­ra in Deutsch­land, mit dem ers­te Zuse-Com­pu­ter Z3, und der digi­ta­len Gegen­wart mit Robo­tik und KI statt. Um die­se ging es kon­kret in Form von den fol­gen­den Expo­na­ten: Eine Mög­lich­keit mit ELIZA, der ers­ten Sprach-KI, zu chat­ten; ein offe­ner Brief von 2015 mit For­de­run­gen von KI-Wissenschaftler:innnen an die Bun­des­re­gie­rung zu Regu­lie­run­gen der KI-Ent­wick­lung, um die Gemein­nüt­zig­keit von KI-Sys­te­men zu gewähr­leis­ten; Robo­tik­bei­spie­len aus Sci­ence-Fic­tion (Die "Rules of Robo­tics" aus dem Film I am Legend und ein Ter­mi­na­tor-Modell) und damit ver­knüpf­ten Fra­gen, ob Maschi­nen den­ken und füh­len kön­nen (in der Aus­stel­lung direkt beru­hi­gend ver­neint); und schließ­lich wur­de das The­ma Krea­ti­vi­tät von KI anhand einer KI-voll­ende­ten Ver­si­on der Unvoll­ende­ten von Beet­ho­ven sowie einem preis­ge­krön­ten Gedicht aus KI-"Hand" behandelt.

Die Gami­fi­ca­ti­on, also die Ein­bin­dung von spie­le­ri­schen Ele­men­ten zur Wis­sens­ver­mitt­lung, wur­de durch die gan­ze Aus­stel­lung hin­weg krea­tiv umge­setzt: An Sta­tio­nen mit Bild­schir­men konn­ten Besucher:innen mit einer ein­gangs erhal­te­nen per­sön­li­chen Chip­kar­te einen Game-Park­our durch­lau­fen, in dem klei­ne, zu den ver­schie­de­nen vor­ge­stell­ten The­men pas­sen­de Spie­le gespielt wurden.

Perspektive auf KI

Die Sicht auf KI ist vor­der­grün­dig nicht wer­tend. Beschäf­tigt wur­de sich vor allem mit den Fra­gen, was KI kann und wo ihre Gren­zen lie­gen sowie The­men wie Krea­ti­vi­tät, Gefüh­le, Den­ken. Dabei blieb es aber ober­fläch­lich: Erklä­run­gen fie­len kurz aus, es wur­den wenig bis kei­ne Hin­ter­grund­in­for­ma­ti­on gege­ben. Der Fokus lag offen­bar eher dar­auf, zu zei­gen (und damit zu über­ra­schen), was alles mög­lich ist und dass man kei­ne Angst vor der Tech­no­lo­gie haben muss. Aus­ba­lan­ciert wur­de die­ser Ein­druck zumin­dest durch das Her­aus­grei­fen von kri­ti­schen Aspek­ten wie Dis­kri­mi­nie­rung durch KI-Sys­te­me und dem damit ver­bun­de­nen Hin­weis auf die Abhän­gig­keit der Algo­rith­men von den ihnen zugrun­de­lie­gen­den Daten: "Gar­ba­ge In, Gar­ba­ge Out". Die­ser Hin­weis ganz zu Beginn der Aus­stel­lung bezog sich nicht nur expli­zit auf Künst­li­che Intel­li­genz, son­dern all­ge­mein auf Algo­rith­men und Ver­ar­bei­tung von Daten im Digi­ta­len Raum, geknüpft an das Bei­spiel von Google-Suchen.

Inter­es­sant war die The­ma­ti­sie­rung bewaff­ne­ter Droh­nen für die Bun­des­wehr gegen Ende des Rund­gangs – also nicht in dem Abschnitt der Aus­stel­lung, der der KI gewid­met ist. Hier­bei wur­de KI nicht expli­zit erwähnt, obwohl ihr Ein­satz in Ver­bin­dung mit bewaff­ne­ten Droh­nen drin­gen­de mora­li­sche Fra­gen auf­wirft. Dem Zweck der Son­der­aus­stel­lung, "die posi­ti­ven und nega­ti­ven Sei­ten des Digi­ta­li­sie­rungs­pro­zes­ses"[4] erleb­bar zu machen fol­gend hät­te die­ser Zusam­men­hang hier durch­aus stär­ker the­ma­ti­siert wer­den können.

Wissenschaftskommunikative Sichtweise

Die Aus­stel­lung war ins­ge­samt unter­halt­sam, der Zugang zum The­ma Digi­ta­li­sie­rung leicht gemacht. In Bezug auf KI wur­de das durch Spie­le und exem­pla­ri­sche Expo­na­te erzielt, die Fra­gen wie "Kann KI krea­tiv sein?" (Gedicht und Sin­fo­nie) oder "Was darf KI kön­nen?" (offe­ner Brief und Rules of Robo­tics) anre­gen. Dabei bleibt es aller­dings und es wer­den kei­ne tie­fer gehen­den Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen gelie­fert, um sich mit den auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen wei­ter zu beschäf­ti­gen. Grund­be­grif­fe oder ‑funk­tio­nen von KI-Sys­te­men blei­ben uner­klärt. Tat­säch­li­che Anwen­dungs­ge­bie­te von KI in den drei gewähl­ten The­men­be­rei­chen wer­den nur exem­pla­risch ange­ris­sen. Die­se Dar­stel­lung ent­spricht aber dem Gesamt­an­satz der Aus­stel­lung der schlag­licht­ar­ti­gen Behand­lung ein­zel­ner Aspek­te von Digi­ta­li­sie­rung (und damit eben auch KI) – aller­dings blei­ben dabei tech­ni­sche Details oder wei­ter­füh­ren­de Erklä­run­gen oder Infor­ma­ti­ons­an­ge­bo­te aus. Fragt sich, was das tat­säch­li­che Ziel ist? Für einen Gesamt­über­blick bleibt die Aus­stel­lung zu exem­pla­risch. Für eine kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma, dem selbst gesteck­ten Ziel, "die Ambi­va­lenz von Chan­cen und Risi­ken bes­ser erken­nen und beur­tei­len zu kön­nen"[5] ent­spre­chend, bleibt sie zu ober­fläch­lich. Aus wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­ver Sicht bie­ten die aus­ge­wähl­ten Expo­na­te und der Spiel­aspekt in der Aus­stel­lung gute Ansatz­punk­te, wecken Inter­es­se und eröff­nen Ver­mitt­lungs­chan­cen, die dann aber durch feh­len­de Zusatz­in­for­ma­tio­nen nicht wirk­lich genutzt wer­den. Fazit: Sehr unter­halt­sam, wenig informativ.


[1] https://www.hdg.de/haus-der-geschichte/ausstellungen/deutschlanddigital, abge­ru­fen am 16.05.2024.
[2] Muse­ums­ma­ga­zin Stif­tung Haus der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land: // Aus­stel­lung #Deutsch­land­Di­gi­tal 1.2022, S. 3.
[3] Ebd., S. 13.
[4] https://www.hdg.de/haus-der-geschichte/ausstellungen/deutschlanddigital, abge­ru­fen am 16.05.2024.
[5] Ebd., S. 13.