Am Freitag, den 20.09.2024 fand unsere Auftaktveranstaltung für die erste Bürgerratssitzung am nächsten Tag statt: Der allererste KI-Slam in Tübingen! Organisiert wurde dieser in Kooperation mit der Stadtbücherei Tübingen vom Projektteam des Bürgerrats "KI und Freiheit", das Teil der Unit 4 des RHET AI Centers ist.
Der Abend war ein voller Erfolg: An die dreißig Teilnehmer:innen, jung und alt, Schüler:innen, Studierende und Arbeitende, kreierten mit der generativen KI ChatGPT humorvolle oder parodisch seriöse Gedichte. Mit verschiedenen Prompts und Verbesserungsvorschlägen an die KI sollten Stück für Stück die Endresultate erstellt werden. Die einzige Regel des Experiments: An den Sätzen, die die KI anhand der Prompts verfasst, darf nichts geändert werden – auch wenn diese komisch oder besonders maschinengeschrieben klingen. Der Abend wurde von Patrick Klügel und Hannes Haßmann, dem Kopf hinter der Veranstaltungsidee, moderiert.
Fotos: ©Alina Habermann
Bevor es allerdings ans Kreieren der Gedichte ging, gaben die Expertinnen Kerstin Rau und Jessica Heesen jeweils Kurzinputs zu ethischen und technischen Aspekten generativer KI. Jessica Heesen ging in diesem Zuge auf die Frage ein, ob Maschinen nachdenken könnten. Nein, sagte sie, aber sie könnten sehr gut Muster erkennen und Wahrscheinlichkeiten berechnen. Dadurch helfen sie beim Treffen von Entscheidungen oder der Einschätzung von Zukunftsszenarien. Patrick Klügel wies darauf hin, dass wir gerade mit dieser ethischen Frage KI ja bereits eine menschliche Eigenschaft zuweisen, woraufhin Jessica Heesen den Begriff der "Freiheit" aus dem Titel "KI und Freiheit" des Bürgerrats aufgriff. Sie erläuterte, dass Freiheit ja bedeute, dass wir bestimmen können, wie wir leben wollen und dass in Bezug auf KI der Freiheitsbegriff beispielsweise Fragen zu Überwachung, Zwang, Privatheit und Schutz aufwerfe. Jede:r könne doch auch selbst entscheiden, ob sie/er ein digitales Gerät bediene oder nicht. Wer habe eigentlich Daten und die Macht, KI (weiter) zu entwickeln? Was könnte Positives entstehen? Und ist Bürger:innenbeteiligung hier notwendig?
Die Teams sind fleißig am prompten. Mithilfe von ChatGPT kreieren sie Gedichte für den KI-Slam und tragen diese vor. Fotos: ©Alina Habermann
Kerstin Rau ging in ihrem Kurzinput spezifisch auf die Frage ein, was sich hinter Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT verbirgt. Sie erläuterte, dass es bei ChatGPT einen Algorithmus gäbe, der von Personen gecodet wird, die entscheiden, wie das Programm am Ende aussehen soll. Die Ressourcen, mit denen ein System gefüttert wird, bestimmen die Ergebnisse, die man bei der Nutzung erhält. Dabei basiert das Ganze auf Wahrscheinlichkeitstheorie und nicht auf Statistik: Es kann auch Blödsinn herauskommen, beispielsweise, wenn man mit ChatGPT nach Literatur sucht. ChatGPT benutze zwar Namen von Akademiker:innen, die akademische Paper verfasst haben, kreiere allerdings Werke mit Titeln und Veröffentlichungsdaten, die so gar nicht existieren. Kerstin Rau warnte außerdem davor, persönliche Daten in ChatGPT einzugeben. Alles, was man dem Programm gäbe – zum Beispiel private Informationen oder Forschungsergebnisse – "gehöre" dann auch dem Programm, beziehungsweise den Hersteller:innen.
Die Teilnehmenden hatten während des darauffolgenden Programmpunkts des Kreierens von KI-Gedichten für den Poetry Slam sehr viel Spaß. Beim Prompten sei es wichtig zu wissen, wo man hinwolle und welche Ergebnisse man erzielen möchte, so einer der Teilnehmenden. Danach müsse man einfach auszuprobieren, welche Prompts am besten funktionieren. Ein Tipp sei auch, einen neuen Chat zu starten, wenn man der Meinung sei, dass ChatGPT Daten aus dem Chatverlauf benutze, von denen man gar nicht mehr will, dass das Porgramm darauf zurückgreift. Die Texte, die schließlich von den Teilnehmenden vorgetragen wurden, unterschieden sich inhaltlich stark voneinander. Wer genau hinhörte, merkte, dass die Mono- oder Dialoge teilweise sehr gestelzt oder unnatürlich klangen: Eben nicht von einem Menschen verfasst. Es lässt sich aber schwer beantworten, ob man diese Unterschiede von KI-generierten zu menschlich geschriebenen Texten auch herausgehört hätte, wenn man sich nicht dessen bewusst gewesen wäre, dass alle Texte von einer KI verfasst wurden.
Die Gewinnermittlung folgte via eines Applaus-o-Meters: Es wurden die Lautstärken des Applauses zu den einzelnen Beiträgen gemessen, wodurch Platz eins, zwei und drei ermittelt werden konnten.
Auf Platz 1: TEAM Cheese Creek Slaminators
Foto: ©Alina Habermann
Auf Platz 2: TEAM Büchereibarden heute
Foto: ©Alina Habermann
Auf Platz 3: TEAM Hass
Foto: ©Alina Habermann
Die Gewinnerteams erhielten jeweils einen goldenen "Terminator" – echte Unikate. Wir gratulieren!
"Ich habe selten so viel Spaß gehabt wie heute Abend!"