Update: Der Artikel wurde um einen weiteren Pre-Print ergänzt.
Der Sammelband Artificial Turn – Interdisziplinäre Perspektiven auf Künstliche Intelligenz (Hg. von Anne Burkhardt, Susanne Marschall und Olaf Kramer) bietet einen Überblick über die Forschungsaktivitäten des RHET AI Centers und seiner assoziierten Partner:innen aus Wissenschaft und Praxis. Der Band leistet eine multiperspektivische geistes- und sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Themenspektrum Künstliche Intelligenz (KI). Er soll unterschiedliche Zielgruppen aus Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation wie auch aus Medien, Kunst und Gesellschaft erreichen und eine Grundlage für informierte Debatten über die dynamische Entwicklung von KI-Technologien liefern.
Anhand einführender Texte zur Bedeutung von KI für die Medienwissenschaft, die Rhetorik, die Linguistik sowie die Global South Studies wird im ersten Teil des Bandes der Grundstein für den interdisziplinären Ansatz der Kompilation gelegt. Die darauffolgenden Teile versammeln vertiefende Analysen rund um die Themenkomplexe KI und Fiktion, KI und (Natur-)Wissenschaft sowie KI und Öffentlicher Diskurs. In ihrer Gesamtschau spüren die Beiträge dem von den Herausgeber:innen des Bandes diagnostizierten "Artificial Turn" nach, der aufgrund der Allgegenwart und Wirkmächtigkeit KI-basierter Anwendungen eine Zäsur in Wissenschaft und Kommunikation, aber auch in Technologie- und Mediengeschichte darstellt.
Der Band erscheint 2024 unter dem Label wbg Academic im Verlag Herder als Open-Access-Publikation. Um die Debatte um den Artificial Turn anzuregen, stellen wir bereits im Vorfeld einige Beiträge als Pre-Print-Auskopplungen zum Download zur Verfügung. Die Pre-Prints erscheinen einzlen im Laufe der nächsten Wochen. Das RHET AI Center wünscht eine anregende Lektüre und freut sich über Ihr Feedback!
Pre-Print-Veröffentlichungen
Abstract
Die Instrumentalisierung von Spielen zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Entwicklung von KI-Technologien. Unter Erwartung der erweiterten Anwendbarkeit der erworbenen Erkenntnisse beschäftigen sich Computerwissenschaftler:innen seit langem damit, Computer zu befähigen, diverse Spiele zu beherrschen. Unter Rückgriff auf die akademischen Game Studies stellt der Beitrag dar, warum game und play – zu Deutsch das "Spiel" bzw. das "Spielen" – in einer so fruchtbaren Beziehung mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz stehen. Er skizziert Teilaspekte dieser Beziehung wie den historischen Rückgriff auf traditionelle Spiele, die unterschiedlichen Funktionen von KI-Technologien in digitalen Spielen und wie im Umgang mit künstlicher Intelligenz der Aktivität des freien Spielens nachgegangen wird.
Abstract
Diskurse um Künstliche Intelligenz (KI) sind meist einseitig von Perspektiven aus dem Globalen Norden geprägt. Obwohl die Menschen im Globalen Süden überproportional von negativen Effekten wie algorithmischer Diskriminierung, Umweltbelastungen oder ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen betroffen sind, sind sie in Debatten zur technologischen Gegenwart und Zukunft stark unterrepräsentiert. Der Beitrag richtet seinen Blick daher gezielt auf die "Souths". Unter Rückgriff auf dekoloniale Theorien und Ansätze der Global South Studies zeichnet der Text den Stand der Forschung zu KI und Globaler Gerechtigkeit nach und gibt Antworten auf zentrale Fragen: Wo zeigen sich globale Ungleichheiten rund um KI, und was kann getan werden, um diese zu überwinden?
Abstract
Generative Künstliche Intelligenz hat massive Auswirkungen auf die digitale, mithilfe von Algorithmen hergestellte Literatur. Mit der Veröffentlichung von ChatGPT sind Fähigkeiten und Probleme dieser texterzeugenden Systeme auch ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit gerückt. Notwendige Fragen nach Intentionalität und Bedeutung von maschinengeschriebenen Texten führen zurück in ein vormodernes, rhetorisch-generatives Verständnis von Autorschaft. Mit der rhetorischen Figur der imitatio auctorum nimmt der Text Wirkweise und Potential von generativer KI für die Literatur in den Blick – und führt von aktuellen Sprachexperimenten des Lyrikers Jörg Piringer hin zu den absurden Computersimulationen in Georges Perecs Hörspiel Die Maschine von 1968.